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Milde Winter und trockene Sommer lassen auch in Meerbusch Rattenpopulationen wachsen

Stadtverwaltung hat ihr Vorgehen bei der Schädlingsbekämpfung angepasst

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In der Kanalisation finden Ratten beste Lebensbedingungen vor. Die Populationen sind durch die heißen Sommer und milden Winter der letzten Jahre stark gewachsen. Die Rattenbekämpfung wird schwieriger. Foto: i-stock

In der Kanalisation finden Ratten beste Lebensbedingungen vor. Die Populationen sind durch die trockenen Sommer und milden Winter der letzten Jahre stark gewachsen. Die Rattenbekämpfung wird schwieriger. Foto: i-stock

Bei der Stadtverwaltung melden sich seit Wochen immer häufiger Bürger, die auf Straßen, Plätzen oder auch privaten Grundstücken Ratten gesichtet haben. Gingen in früheren Jahren durchschnittlich rund 300 Hinweise im Stadtgebiet ein, waren es in der ersten Hälfte 2020 bereits mehr als 400. "Die Rattenpopulation im Stadtgebiet ist insbesondere in den vergangenen drei Jahren mit milden Wintern und trockenen Sommern spürbar angestiegen", sagt Arnd Römmler, Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Rathaus.

"Das ist allerdings kein Meerbuscher Phänomen, sondern ein Problem, mit dem sich alle Kommunen auseinandersetzen müssen."

Rattenvorkommen direkt melden

Bei der Rattenbekämpfung arbeiten das Ordnungsamt und der Fachbereich Straßen und Kanäle der Stadtverwaltung  eng zusammen. "Wer Ratten auf seinem Grundstück oder auf öffentlichen Flächen bemerkt, informiert die Stadtverwaltung am besten direkt über das Ordnungsamt 02150 / 916-138 oder über unseren 'Mängelmelder' auf meerbusch.de", empfiehlt Stadtsprecher Michael Gorgs. "Die Meldungen werden dann systematisch abgearbeitet." Vor Ort kümmere sich das Vertragsunternehmen der Stadt, die Schädlingsbekämpfungsfirma All Service.  

"Angesichts der jüngsten Entwicklungen haben wir unser Vorgehen umgestellt", erklärt David Keller, der im Fachbereich Straßen und Kanäle für die unterirdische Rattenbekämpfung in der Kanalisation verantwortlich ist. Bisher habe die Firma All Service im Frühjahr und im Herbst jeweils etwa ein Drittel des Kanalnetzes pauschal mit Giftköderboxen belegt. Das gesamte Netz mit Ködern auszustatten, sei mit Blick auf die Fläche der Stadt nicht möglich. Die Bekämpfung auf diese Weise erwies sich zudem langfristig als nur begrenzt wirksam. "Jetzt wird anders gearbeitet", so Keller. "Jede Rattenmeldung löst unmittelbar einen gezielten Einsatz vor Ort aus. Der Schädlingsbekämpfer rückt aus, prüft die Örtlichkeit und legt im Umkreis von rund 100 Metern um die gemeldete Stelle Köder aus. Er entscheidet aus fachlicher Sicht, wo die Laufwege der Tiere verlaufen und Köder sinnvoll sind. Die belegten Bereiche werden wöchentlich kontrolliert." Zeige sich nach vier Wochen kein Erfolg, werde das Procedere wiederholt.

Auf Privatgrund bitte selbst tätig werden

Wichtig: Wegen der Menge der Fälle legen die Schädlingsbekämpfer keine Köder mehr auf Privatgrundstücken aus, sondern werden nur noch im öffentlichen Raum tätig - quasi um die gemeldete Stelle herum. "Auch gegen Ratten im Haus oder auf landwirtschaftlich oder gewerblich genutzten Grundstücken müssen die Betroffenen selbst vorgehen und auf eigene Kosten eine Schädlingsbekämpfungsfirma beauftragen. Dies gilt auch für andere Schädlinge, zum Beispiel Mäuse", so David Keller.

Neben den klimatischen Veränderungen machen die Schädlingsbekämpfer auch vermehrte Bautätigkeit (vertreibt die Tiere in andere Gebiete), weggeworfene Essensreste (auch über die Toilettenspülung) oder offene Abfallbehälter für die Vermehrung verantwortlich. Zudem waren während der intensiven Corona-Phase viele Menschen zu Hause, die Aufmerksamkeit von Anwohnern war größer. Der Jahresauftrag mit dem Vertragsunternehmen All Service ist derzeit mit rund 80.000 Euro kalkuliert. Ob der Betrag angesichts der steigenden Zahlen mittelfristig ausreichen wird, ist fraglich. In Zusammenarbeit mit den Schädlingsbekämpfern wird deshalb stetig überlegt, wie man möglichst effektiv vorgehen kann. Aus Umweltschutzgründen sind die Profis mittlerweile in der Wahl ihrer Gifte stark eingeschränkt. Die Mittel wirken nicht mehr so schnell und so nachhaltig. Zudem gelten Ratten als skeptisch und vorsichtig bei der Futterwahl. Ist ein Artgenosse nach etwa drei bis fünf Tagen an einem Köder verendet, wird die Stelle gemieden.  

Kaum lösbare Mammutaufgabe

Fakt ist, da sind sich Arnd Römmler und David Keller einig, dass auch bei noch so koordiniertem Vorgehen eine nachhaltige Verringerung der Rattenpopulationen eine kaum lösbare Mammutaufgabe bleiben wird. Die Bürger selbst können allerdings auch durch eigene Achtsamkeit dafür sorgen, dass die Bestände nicht noch besser "gedeihen": Die Experten raten dringend an, keine Essensreste in die Toilette oder auf den Kompost im Garten zu werfen, keine Lebensmittel auf Balkon oder Terrasse zu lagern, Abfalltonnen immer zu schließen und  Tierfutterstellen (z. B. Vogelhäuschen) regelmäßig zu kontrollieren.

Die guten Ratschläge erreichen offenbar nicht alle Zeitgenossen: Zum Ärger der Stadtverwaltung werden jüngst auch wieder mehrfach Fälle illegaler Hausabfallentsorgung an den Containerstandorten für Altpapier und Altglas  gemeldet. Tüten mit vergammelnden Lebensmittelresten lockten im Handumdrehn Ratten an. Auch hier musste der Schädlingsbekämpfer ausrücken. Die Kosten trägt die Allgemeinheit.