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Der Stromkonverter: Fakten, Argumente und Kritikpunkte (September 2017)

Suche nach dem am besten geeigneten Standort – Die „Dreiecksfläche Kaarst“

Konverteranlage aus der Luft

Eine Animation des Netzbetreibers Amprion zeigt die Konverteranlage von oben. Foto Amprion

Im Rahmen des Suchverfahrens wurden mehr als 50 mögliche Standortbereiche für den geplanten Stromkonverter auf ihre Eignung geprüft. In den Gutachten aus 5/2015, 11/2015 und 6/2017 wurde die sogenannte „Dreiecksfläche Kaarst“ als am besten geeignet ermittelt.

Projekt-Informationen des Netzbetreibers Amprion

Allerdings ist die  Fläche im geltenden Regionalplan als Auskiesungsfläche ausgewiesen. Im Regionalplan ist sie als so genannte BSAB-Fläche („Bereich für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze“) geführt.

Der Standort wurde im Suchverfahren 2014 als zusätzlich zu untersuchende Fläche vom Rhein-Kreis Neuss vorgeschlagen, weil er das im Kriterien-Workshop im Jahre 2013 zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger festgelegte Kriterium „Abstand zur Wohnbebauung“ als maßgebliches Kriterium erfüllt.

Die Fläche ist von der Autobahn A 57, der Landstraße 30, Bundesbahntrasse und einem See abgeschirmt. Bei entsprechender Anordnung ist nach dem Gutachten der Fa. ERM ein maximaler Abstand zur geschlossenen Wohnbebauung von 1.300 m möglich. Die Fläche steht im Eigentum des Netzbetreibers von Amprion.

Auch in den von Amprion ab Juni 2015 regelmäßig organisierten Gesprächskreisen – insg. 7 - zum nördlichen Konverter mit Vertretern der betroffenen Kommunen, des Rhein-Kreises Neuss und der Bürgerinitiativen erhielt das Kriterium „Abstand zur Wohnbebauung“ die höchste Gewichtung. In den Protokollen der Gesprächskreise ist das schriftlich niedergelegt.

Seitens Amprion ist in diesen Sitzungen, aber auch im Stellungnahmeverfahren bei der laufenden Erarbeitung des neuen Regionalplanes immer wieder darauf hingewirkt worden, dass die BSAB-Fläche hier aufgehoben werden muss.

Überraschung im Verfahren: Standort Osterath rückt auf Platz zwei vor

Im Gutachten vom 27. Juni 2017 ist der Standort „Umspannwerk Osterath“ überraschenderweise an die  zweite Stelle hinter den nach wie vor besten geeignete Standort „Dreiecksfläche Kaarst“ gerückt. Aufgrund des fehlenden Abstands zur Wohnbebauung war Osterath in der Reihung der favorisierten Standorte zuvor bereits ausgeschieden. Der Grund: Hier kann nur ein Abstand zur geschlossenen Wohnbebauung von 200 m eingehalten werden, bei östlicher Anordnung des Konverterbaus wären es 300 Meter.

Begründet wird die Zweitplatzierung des Standortes „Umspannwerk Osterath“ zum einen mit dem nunmehr geltenden Erdkabelvorrang auf der nördlichen Trasse – deshalb so der Gutachter, ist der in den zwei vorhergehenden Gutachten aus dem Jahre 2015 mit der „Dreiecksfläche Kaarst“ gleichplatzierte Standort „Umspannwerk Gohr“ nicht mehr in der Eignungsreihe enthalten – zum anderen damit, dass das „Schutzgut Mensch“ kein rechtssicheres Kriterium sei. Es gebe zwar für vorgeschriebene Abstandsflächen für Stromleitungen – 200 bzw. 400 m -, für Konverter gebe es eine solche Abstandsregelung allerdings nicht.

Was hat die Stadt Meerbusch daraufhin unternommen?

Nach Bekanntgabe des 4. Gutachtens hat die Stadt Meerbusch, die aufgrund der Ergebnisse des Suchverfahrens als möglicher Standort 3 Jahre nicht mehr betroffen war, einen Antrag an den Regionalrat zur Sitzung am 6. Juli 2017 gestellt, die Dreiecksfläche aus der BSAB-Kulisse herauszunehmen. Auch die SPD-Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag gestellt.

Regionalrat bleibt in Sachen Stromkonverter zurückhaltend / Meerbuscher Bitte nicht entsprochen

Der Regionalrat ist der Forderung nicht gefolgt, sondern hat die Bundesnetzagentur aufgefordert, das neue Gutachten zu prüfen, das Planverfahren weiterzuführen und in diesem die Standortfrage zu entscheiden.

Sondersitzung des Meerbuscher Stadtrates am 24. August

Nach dem ablehnenden Beschluss hat die Verwaltung sowohl mit der Bundesnetzagentur als auch mit Amprion Gespräche zur Umsetzung des Regionalratsbeschlusses geführt. In Verfolg der Gespräche hat die Bürgermeisterin zu einer Sondersitzung des Rates eingeladen. Die Bundesnetzagentur (BNA) hat in der Sondersitzung wie bereits im vorlaufenden Gespräch deutlich ausgeführt, dass sich die BNA als Genehmigungsbehörde nicht über die Landesplanung hinwegsetzen werde, d.h. keinen Standort im Planfeststellungsverfahren genehmigen wird, der mit anderweitigen Zielen der Raumordnung belegt ist. Es sei Aufgabe des Regionalrates, die Voraussetzungen für eine Realisierung des Standortes „Dreiecksfläche Kaarst“ zu schaffen.

Die Vertreter von Amprion haben in Gesprächen mit der Verwaltung, aber auch in der öffentlichen Ratssitzung vom 24. August 2017 erklärt, in 2017 eine finale Entscheidung, zumindest aber ein eindeutiges politisches Signal für den Standort „Dreiecksfläche Kaarst“ zu benötigen, da die standortabhängige Beauftragung der Konverterfertigung erfolgen müsse. Andernfalls könne die südliche Leitung nicht wie im Rahmen der dringlichen Umsetzung der Energiewende vorgesehen 2021 in Betrieb gehen. Soweit zeitnah keine Entscheidung zur Nutzbarmachung der Dreiecksfläche getroffen werde, die die Dreiecksfläche in Kaarst auch raumplanerisch für die Nutzung durch einen Konverter öffne, werde im Planfeststellungsverfahren Osterath als Standort für den Konverter beantragt werden, da eine Realisierung auf der Kaarster Dreiecksfläche lt. Aussage der BNA nicht genehmigt werden könne.

 

Eindeutige Auffassung der Stadt Meerbusch

Seit 5 Jahre dauert die Standortsuche ohne eine Verständigung auf eine im Interesse einer gelingenden Energiewende und zum Schutz der Menschen Entscheidung. Für die Stadt Meerbusch besteht die große Gefahr, dass der Standort Osterath von Amprion beantragt wird, weil keine Chance gesehen wird, die nach den Gutachten bestgeeigneteste Fläche zu reduzieren. Damit wird der laut Gutachten von Amprion am besten geeignete Standort faktisch verhindert und stattdessen der Konverter an einen anderen, definitiv schlechteren Standort verdrängt. Die Haltung, nicht zuständig zu sein, sei es durch die Bundesnetzagentur, den Regionalrat und die Bezirksregierung könnte im weiteren Verfahren eine Entscheidung für eine industrielle Großanlage am Rand der geschlossenen Wohnbebauung in Osterath bedeuten.

Für die Menschen der Region ist es nicht nachvollziehbar, dass die Kaarster Fläche weiterhin für den Kiesabbau vorgehalten soll, obwohl der Interessenverband der Kiesindustrie erklärt hat, auf die Fläche zu verzichten. Allerdings möchte der Regionalrat das Konzept der Auskiesungsflächen, dessen Zustandekommen jahrelang gebraucht hat, nicht aufbrechen. Zudem ist er der Auffassung, dass die im Auftrag von Amprion erstellten Gutachten nicht geeignet sind, rechtssicher einen Standort zu begründen.

Im Namen der Stadt Meerbusch hat die in Berlin ansässige Rechtsanwaltgesellschaft zwischenzeitlich eine Expertise, wie die Bundesnetzagentur einen Konverter auf der Dreiecksfläche genehmigen könnte, ohne das der Regionalplan geändert wird. Eine solche Möglichkeit besteht durch eine vom Regionalrat zu beschließende Ausnahme; soweit die Bundesnetzagentur auch unter Berücksichtigung der sonstigen für die Genehmigung relevanten Kriterien zu dem Ergebnis käme, dass die Dreiecksfläche am besten geeignet ist, könnte sie diesen Standort genehmigen, auch ohne dass die Fläche im Regionalplan als Auskiesungsfläche entnommen wird.

Für die Sitzung des Planungsausschusses des Regionalrates am 21.09. sowie die Sitzung des Regionalrates am 28.09.2017 hat die Stadt beantragt, eine solche Ausnahme zu beschließen und die Bezirksregierung Düsseldorf sowie das Wirtschaftsministerium um Unterstützung ihres Anliegens gebeten. Des Weiteren hat Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage dem Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Meerbusch für die Sitzung am 21. September eine Resolution zur Verabschiedung vorgelegt, um dem Verwaltungshandeln auch politisches Gewicht zu geben.

Das Wirtschaftsministerium hat angekündigt, sich in die Vermittlung und Verständigung der Standortsuche einzubringen. Inwieweit dann noch andere Standorte in die Prüfung einbezogen werden können oder Nacharbeiten an den mittlerweile vier Gutachten beauftragt werden, die zu einem anderen, als dem bisherigen gutachterlichen Ergebnis führen – Dreiecksfläche = bestgeeignetester Standort, Standort Osterath auf Platz 2  -bleibt abzuwarten. Bisher ist der angekündigte „runde Tisch“ nicht terminiert.  

Link PDF Resolutionstext