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Meerbuscher Geschichte auf der Spur

Vom „Schutzbündnis gegen die großen Nachbarn“ zur bunten selbstbewussten Stadt

große Menschengruppe mit Plakaten

Demonstration "Ja zu Meerbusch" im Jahre 1976

Portraitbild von Dr. Franz Schütz

Dr. Franz Schütz

Wie fing es an mit dieser Stadt? Und wie wurde Meerbusch überhaupt zu dem, was es heute ist? Nun: Jeder einzelne Meerbuscher Stadtteil kann für sich durchaus eine passable, teils über 1000-jährige Ortsgeschichte vorweisen. Dagegen wirkt der Einstieg in die Existenz Meerbuschs ziemlich unspektakulär. Denn kein Kaiser, kein König, kein Kirchen- oder Landesfürst, sondern „nur“ der Gesetzgeber war es, der 1969 die Geburtsstunde Meerbuschs einläutete. Die Stadtgründung folgte 1970.

Mann der ersten Stunde

Die Meerbuscher der ersten Stunde wären aber keine echten Meerbuscher gewesen, hätten sie nicht schon eigene Pläne geschmiedet, als die Neugliederungsideen der Minsterialen noch gar nicht zu Papier gebracht waren. Der heutige Ehrenbürger Dr. Franz Schütz war der Erste, dem der Zusammenschluss von Büderich, Osterath und dem Amt Lank vorschwebte – gewissermaßen als „Schutz- und Trutzbündnis“.

Wie kam es dazu? Als Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag hielt Schütz es für ratsam, sich nach der Devise „Gemeinsam sind wir stark“ schon frühzeitig gegen mutmaßliche Vereinnahmungsgelüste der großen Nachbarn zu wappnen – und das tat er auch kund. So konnten die Vertreter der drei Gemeinden in ihrer Stellungnahme zum Kempen-Krefeld-Gesetz ganz getrost einmütig den Vorschlag der Landesregierung abnicken, auf ihrem Territorium im Rheinbogen eine neue Großgemeinde zu gründen. Gesagt, getan.

Den großen Nachbarn ein Dorn im Auge

Bereits 1972 und 1973 aber war das kleine Meerbusch den großen Nachbarn Düsseldorf und Krefeld ein Dorn im Auge. Beide stellten – wie so oft - konkrete Gebietsforderungen. Der Rat der Stadt Meerbusch wies die Begehrlichkeiten beider Großstädte in einer Resolution ab. Der Existenzkampf um Meerbusch war eingeläutet.

Das Phänomenale aber war: Dieser Kampf war plötzlich nicht mehr nur eine Auseinandersetzung, die Beamte und Politiker unter sich austrugen. Stattdessen kämpften die Bürgerinnen und Bürger selbst für ihre Heimat. Im Bürgerkomitee „Ja zu Meerbusch“ schlossen sich alle einmütig und mit einem gemeinsamen Ziel zusammen: Meerbusch erhalten! Flapsig kann man sagen: Die Menschen hatten „die Nase voll“, sie wollten als junge Stadt unabhängig sein und kein Spielball der Großen. „Meerbusch – acht Dörfer, aber ein Wille“ wurde kämpferisch auf Plakate und Spruchbänder bei Kundgebungen und Demonstrationen gepinselt.

Rettende Verfassungsrichter

Doch trotz aller Proteste beschloss der Landtag die Auflösung Meerbuschs – ein Schock für alle „Meerbusch-Kämpfer“, die mit so viel Herz für ihre junge Stadt auf die Straße gegangen waren. Dann ein letzter, verzweifelter Versuch: Meerbusch stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen der Verfassungsbeschwerde. Und tatsächlich gaben die Verfassungsrichter in Münster dem Meerbuscher Begehren am 13. September 1974 statt - allerdings nicht, weil sie die junge Stadt Meerbusch und ihr Engagement so toll fanden, sondern nur wegen formaler Mängel im Gesetzgebungsverfahren.

Und so passierte, was zu befürchten war: 1976 wurde  der Gesetzesentwurf zur Auflösung von Meerbusch neu aufgelegt. Beeindruckend war: Niemand gab auf. Devise: Jetzt erst recht! Erneut ging ein unglaublicher Ruck durch die Bevölkerung: Hand in Hand mit Politik und Verwaltung wurde weiter gekämpft.

Im „Hammelsprung“ für Meerbusch

Im Landtag rang Dr. Hans-Ulrich Klose für Meerbusch und sammelte Stimmen. Und dann, am 20. Mai 1976, der Tag der Wahrheit. die Abstimmung fiel denkbar knapp aus, aber Meerbusch siegte: Im so genannten „Hammelsprung-Entscheid“ hieß das Ergebnis 94 zu 92 für den Erhalt der jungen Stadt mit dem großen Kämpferherz.